Bistums-Pilgertour

Drei Radler der Strammen Kette nahmen an der Bistums-Pilgerradtour teil.

Weil das Bistum Hildesheim

in diesem Jahr sein 1200 jährigem Jubiläum feiert, wurde unter anderem von dessen Zeitung eine 16 tägige Radtour rund um die Bistumsgrenzen organisiert.

 

Der Verlagsleiter Stefan Branahl und Pfarrer Thomas Hoffmann, die beide auch an dieser Tour teilnahmen, planten zusammen mit dem Malteser-Hilfsdienst dieses mutige Vorhaben.

Schon recht früh meldeten sich drei aktive und ein ehemaliges Mitglied der Radsportsparte des SV Gehrden, der Strammen Kette, bei den Veranstaltern an. Doris König, Michael Ferenz, Eberhard Cramme und Günther Wildner wollten sich dieser Herausforderung stellen.

Die Anfrage, ob die drei „Jungs“ mit dem Rennrad fahren dürfen, wurde zumindest nicht abgelehnt, also wurde das beschlossen. Unbefahrbare Teilstrecken würde man eben auf Alternativrouten fahren.

Ein Informationsabend im April in Goslar, an dem schon die meisten Teilnehmer anwesend waren,

machte allen klar, dass hier keine Luxusreise mit Übernachtungen in Viersternehotels stattfinden sollte, sondern auch in Zelten, einfachen Quartieren, Turnhallen oder unter freiem Himmel übernachtet werden sollte. Trotzdem ließ sich hiervon fast niemand abschrecken, auch die Tatsache, dass fast die Hälfte der Pilger, denn um solch eine Reise handelte es sich, noch nie an einem Tag 100 km auf dem Fahrradsattel saßen, war kein Grund zur Absage.

Start der Pilgertour war am 23. Juli in Hameln, an dem allen Teilnehmern zunächst zwei Tour-Trikots übergeben wurden.

Am Hochzeitshaus verabschiedete der Bischoff des Bistums, Norbert Trelle die 48 Radler und ließ es sich nicht nehmen, diese 20 Kilometer auf dem Fahrrad zu begleiten, begleitet von einem Fernsehteam. Vorher überreichte er Ihnen eine Fahrradglocke, die von den meisten Radlern bei Etappen- Abfahrten und -Ankünften betätigt wurden.

Auf dem Weser-Radweg sollte die Route an vier Tagen zunächst bis Cuxhaven gehen, Zwischenstationen waren das Kloster Loccum, Verden und Brake. Bereits in Loccum bei der protestantischen Konkurenz wurde in Zelten genächtigt, in den weiteren Orten in Pfarrheimen auf Feldbetten, die von den Maltesern mitgeführt wurden. Diese Organisation, vielfach aus Ehrenamtlichen bestehend, sorgte auch für das leibliche Wohl, Chefkoch Thomas Krause gelang es jeden Tag, die verbrauchten Kalorien der inzwischen um zwei Radlerinnen dezimierten Gruppe wieder aufzufüllen, in einer Glosse wurde ihm statt eines Sternes ein Komet als bester Wanderkoch verliehen. Auch die meist gut gekühlten Getränke und sogar erhebliche Mengen Rotwein fanden am Abend reichlich Zuspruch, hieß es doch auch, das Flüssigkeitsdefizit wieder zu dezimieren.

Anfangs herrschte beim Fahren Gruppenzwang, das hieß, auch mit den Rennräder auf Schotterwegen und Karnickelsand zu fahren, inzwischen waren die Stramme Kettle-Fahrer schon leidlich gute Crosser geworden. Ab Syke reichte es ihnen dann, mit zwei gleichgesinnten Tourenradlern bildete man eine Fluchtgruppe bis Verden und kam so auf Teerstraßen und gutem Renntempo in Verden an. Hierbei half das neue Falk-Navi von Eberhard nicht nur auf diesem Teilabschnitt.

Die musikalische Begleitung hatte fast professionelle Züge, Schorse Schütte begleitete die abendlichen Gesänge mit Akkordeon und Tenorhorn und zeigte unterwegs an einigen Kirchenorgeln sein Können, Jörg hatte seine Ukelele mitgebracht und auch eine Mundharmonika und Löffelschläger waren mit dabei.

Das Wetter war bis zum nördlichsten Punkt der Tour noch erträglich, etwas Regen und Wind waren kein Hindernis, die Ankunft in Cuxhaven bei sommerlichem Wetter ließ gute Stimmung aufkommen.

Auch auf der letzten Weserweg-Etappe wurde wieder in der bewährten Kleingruppe gefahren, dieses mal mit Erlaubnis der „Tour-Direktion“. Die Idee von Thomas Hoffmann, die Teilnehmer sollten in einem Einzelfahren bis Dorum seelisch und gedanklich in sich gehen, wurden von den meisten wegen des mäßigen Gegenwindes unterwandert und man fuhr doch in Kleingruppen. Weil die Gruppe "Stramme Kette" wohl wieder als Etappensieger in Cuxhaven ankommen würde, plante man noch den Abstecher an den geografisch nördlichsten Punkt der Tour, der Kugelbake, von wo ein Foto an die Kirchenzeitung gepostet wurde.

Bereits am nächsten Tag, dem Beginn des Elberadweges , war Regen ständiger Begleiter der Radler, was aber das Landschaftserlebnis an der Unterelbe nicht schmälerte. Stoisch auf dem Radweg stehende Schafe erregten eher Heiterkeit. Die enorme Breite der Elbe mit den großen Schiffen ließ immer wieder die Blicke abschweifen.

Ständige Auf- und Abfahrten auf dem Deichweg verführten den sportlichen Leiter Thomas Hoffmann, hier ständige seine gute Kondition zu zeigen und regelmäßig als erster oben anzukommen.

Micha Ferenz verlieh ihm daher nach der Andacht in der Kirche symbolisch das Bergtrikot in der Form des rot gepunkteten Kopftuches, Karl erhielt das gelbe und zu dessen Überraschung Eberhard das grüne Sprintertrikot.

Bei strömendem Regen, das erste Schauer wurde noch in einer offen stehenden Garage "abgewettert", wurde Stade erreicht, wo in mehreren Räumen des Gemeindezentrums die Feldbetten aufgeschlagen wurden.

Auch kleinere verbale Scharmützel unter den Teilnehmern waren unvermeidlich. Jedoch am Abend ,entweder bei einem guten Gespräch, notfalls auch bei einer Flasche Bier, wurden alle diese Unstimmigkeiten wieder ausgeräumt. Außerdem wurde der von Eberhard schon in Goslar geäußerte Grundsatz, dass noch dem Absteigen alles "verjährt" sei, berücksichtigt.

Die Durchquerung Hamburgs am nächsten Tag machte den Organisatoren viel Kopfzerbrechen, so dass man entschied, nicht wie vorgesehen durch die Alt- und Speicherstadt, sondern auf der südlichen Route an Hamburg vorbei zu fahren, was den Stressfaktor erheblich verringerte. Die Straße durch das Raffeneriegelände in Wilhelmsburg war zwar nicht gerade attraktiv, aber recht pragmatisch. So war die Ankunft in Winsen/Luhe, recht entspannt.

Der älteste Radpilger Rolf hatte inzwischen erhebliche Sitzprobleme beim Radeln, doch eine Intensivbehandlung durch Tourärztin Christiane grenzte an eine Wunderheilung, der Berichterstatter hätte bei dem Befund von Rolf sein Rad in die Ecke geworfen.

Die folgende Etappe über Lauenburg führte, noch begleitet von Regenschauern in die Nähe von Bleckede auf einer Radlerunterkunft in Klein Windischthun ,und am nächsten Tag weiter nach Schnackenburg, wo sich alle Radler in einer komfortablen Herberge fast wie zu Hause fühlen konnten. Auf dieser Strecke waren zwar noch einige Regenschauer zu ertragen, aber schon am Abend zeichneten sich Vorboten des kommenden Schönwetter-Hochs ab.

Nun folgte die Strecke dem so genannten "Eisernen Vorhang Weg", immer entlang der früheren innerdeutschen Grenze. Die Beschaffenheit dieser Wege war allerdings nicht für Rennräder geeignet, so dass auch in Kleingruppen andere Strecken gewählt werden konnten. Die Stramme Kette kam regelmäßig als erste Gruppe in´s Tagesziel und durfte den Maltesern beim Entladen und dem Zeltaufbau helfen. So wurde auf unterschiedlichen Wegen über Witingen und Helmstedt, wo in dem Kloster übernachtet wurde, Vienenburg erreicht . Auf dem Weg dorthin wurde direkt am Wolfsburger Stadion Mittagspause gemacht.

Kurz vor Vienenburg wurde in Hornburg Station gemacht, des Geburtsortes des zweiten deutschen Papstest Clemens II. Die Kirchenführung durch die Küsterin fand unter der

Orgelbegleitung von Schorse statt, der auf der wunderbaren und großen Orgel virtuos sein Können zeigte. Angeblich wurde anschließend das Kuchenbuffet eines Cafés "vernichtet".

Nun stand die so genannte Königsetappe über den Harz vor den Radlern. Nach einer für einige unruhige Nacht wurde der Harz auf unterschiedlichen Routen angegangen. Eine Gruppe ließ es sich nicht nehmen, dem Kolonnenweg bis kurz unter dem Brockengipfel zu folgen, was Anstiege bis zu 26 Prozent. zur Folge hatte, die natürlich nur mit Schieben zu bewältigen war.Der Unmut in dieser Gruppe war am Abend unüberhörbar.. Andere fuhren humorlos über die B 4 nach Torfhaus und Braunlage, die Gruppe der Gehrdener nahm die Route über Wernigerode und Tanne, begleitet zur eigenen Überraschung von einigen Tourenradlern, die sich vorher eher reserviert gegenüber den Rennradlern gezeigt hatten. Einem davon, dem skeptischen Thomas aus Hannover, „schenkte“ Micha Ferenz daher den Tagessieg. Es kamen später am Nachmittag alle mehr oder weniger erschöpft in Walkenried an. Eine stimmungsvolle Abendandacht, der Einzug in die Kirche war begleitet vom Chorgesang mit Akkordeonbegleitung durch den historischen Kreuzgang, in der Kirche nahe der Klosterruinen bildete den Tagesabschluss. Vorher konnte im evangelischen Pfarrheim die von der Gemeinde gespendeten Pizzen und das kühle Bier Bier genossen werden.

Auch die Topografie im Eichsfeld am folgenden Tag war alles andere als flach und leicht, zumal auch seit Tagen die Temperaturen bis über 32 Grad stiegen. In einer zentralen Einrichtung der Malteser in Duderstadt wurde Kaffee, Kuchen und Erfrischungen gereicht.

Angekommen In Friedland wurde die Gruppe mit der Problematik der Flüchtlinge konfrontiert, unmittelbar neben dem Nachtquartier in einer Turnhalle befand sich eine Unterkunft dieser Menschen. Vor allem Kinder näherten sich vorsichtig und neugierig. Die allabendliche Runde mit Gesang und Gebet war entsprechend in gedämpfter Stimmung verlaufen.

Am nächsten Tag wurde mit dem Ankommen an der Werra der südlichste Punkt der Rundreise erreicht, nun wurde auch die Anstiege weniger, abgesehen von einem kurzen knackigen "Kracher"" von über 20 Prozent. Über Hann. Münden kam die Gruppe in Bad Karslhafen an, wo auf einem Campingplatz unmittelbar an der Weser die Zelte aufgebaut wurden. Ein Lagerfeuer am Abend bei Gesang und erfrischenden Getränke ließ schon einmal leichte Abschiedsstimmung aufkommen. Günter Wildner schwärmte noch lang von einem Bad in der Weser.

Die vorletzte Etappe nach Bodenwerder, eine kurze Führung durch Karlshafen am nächsten Morgen verzögerte die Abfahrt um eine Stunde, nutzen einige Gruppen zu einem Zwischenstopp an einem Badesee vor Höxter, denn in dem letzten Quartier sollte es keine Duschen geben.

Eine am Küchenwagen montierte Gartendusche war aber kein schlechter Ersatz.

Mitorganisator Pfarrer Thomas Hoffmann lies alle Teilnehmer am Weserufer noch einmal über ihre Eindrücke berichten, wobei natürlich die Pilgeridee im Vordergrund stand, aber auch viele Freundschaften konnten geschlossen werden.

Es ist zwar ungerecht, einige besonders hervor zu heben, doch die Stramme Kette freute sich besonders, wenn "Schorse" Schütte, Reinhard Kalka, Karl Wenning, Peter Schlichtmann, Jürgen Jäger, Heinz Fuchs, Thomas Hoffmann, Thomas Hoff aus Hannover und noch einige andere sich ihnen anschlossen und eine sehr harmonische Gemeinschaft bildeten.

So wurde am 7. August die finale Etappe über Hameln nach Hildesheim unter die Reifen genommen, der letzte Anstieg über Coppenbrügge und Holzmühle, hier könnte Pfarrer Thomas die Bergwertung gegen Eberhard nicht gewinnen, wurden durch einen letzten Zwischenstopp in Nordstemmen, wo Mitglieder der örtlichen katholischen Kirchengemeinde auf Initiative von Reinhard Kalk zu Kaffee und Kuchen einluden, unterbrochen. Auch eine kurze Andacht in der Kirche fand statt.

Zum endgültigen Finale fuhren alle glücklichen Radler auf dem Domhof von Hildesheim ein, wo sie unter Glockengeläut von dem Bischoff Norbert Trelle empfangen

Froh, in den vergangenen 16 Tagen 1400 Kilometer fast pannen- und unfallfrei geschafft zu haben, beglückwünschten sich alle Radler.

Besonders erleichtert müssen wohl auch die beiden sehr geduldigen Organisatoren Stefan Branahl und Thomas Hoffmann gewesen sein, brachten sie doch alle verbliebenen Radler gesund nach Hildesheim zurück, ihnen gebührt großer Dank und Anerkennung.

Eine kurze Andacht in der Krypta des Doms mit Bischoff Trelle und ein anschließender Imbiss bildeten den endgültigen Abschluss, bevor sich alle wieder in ihre Heimatorte begaben. Es werden wohl noch Tage und Wochen vergehen, bis alle Eindrücke und Erlebnisse dieser wunderbaren Pilgerreise verarbeitet worden sind.

Waren vor der Tour viele Radler skeptisch, mit der Zusage der Teilnahme alles richtig gemacht zu haben, könnten sie im Nachhinein froh sein, trotz der Entbehrungen und Anstrengungen durchgehalten zu haben.